Das hier ist die Geschichte von Maulbeerpfote, als sie noch ein Hauskätzchen war:
Hallo, ich bin Maulbeere. Du fragst dich, was ich hier draußen so ganz alleine mache? Ich erkläre es dir. Also, ich wurde in einem Zweibeinernest geboren. Ich hatte drei freche Brüder und meine Eltern waren sehr nett. Auch die Zweibeiner haben sich gut um uns gekümmert. Ich weiß noch, dass uns mein Vater gelehrt hat, Bäume hoch zu klettern. Ich bin immer gut auf den Baum gekommen, doch mein Bruder Pummelchen ist immer kurz hochgesprungen und dann den Baumstamm wieder runter gerutscht. Er hat es ein paar Mal versucht, aber es war hoffnungslos. Ehrlich gesagt, naja, er hatte noch ziemlich viel Babyspeck… vielleicht konnte er auch deshalb nicht so gut beim Fangenspielen mithalten, aber er war immer der lustigste von uns. Wenn meine Brüder oder ich traurig waren, hat er uns getröstet, aber meistens waren wir fröhlich. Ich versuchte oft Mäuse zu fangen, doch ich habe es leider nie richtig ernst genommen. Weißt du, jetzt bereue ich das, aber woher sollte ich damals wissen, dass es so kommen musste? Meine Brüder und ich führten ein sehr gutes Leben, wir hatten immer viel zu Fressen und genügend Wasser, aber habt ihr schon mal Hasenköttel gegessen? Echt widerlich! Und Schleimwasser auch! *brr* Ich mixte mir Tränke und Salben aus den Blumen und Kräutern, die in unserem Garten wuchsen. Einmal war zum Beispiel mein Bruder an der Schulter verletzt, weil wir verbotener Weise draußen gespielt hatten, deshalb mixte ich ein paar Kräuter, tatt sie auf die Wunde und legte dadrüber ein Farnblatt, um das Blut aufzuhalten. Meinem Bruder ging es danach schon wesentlich besser. Eines Tages kamen unsere Zweibeiner und nahmen uns hoch. Ich dachte erst, er wollte mich mal wieder streicheln, doch er sperrte mich in einen kleinen Käfig. Ich protestierte und schrie nach meinen Eltern, doch sie konnten mir nicht helfen. Ich kratzte am Gitter, doch auch das half nichts. Plötzlich begann die Erde zu vibrieren. Ich war in einem Zweibeiner Monster gefangen! Wohin würde es mich bringen? Wieso war ich von meinen Eltern und Geschwistern getrennt worden? Ich wusste auf keine dieser Fragen eine Antwort. Ich war in einer Art Schockstarre und starrte aus dem Käfig hinaus. Die Zweibeinernester, die Bäume und die Gärten rasten an uns vorbei. Plötzlich hielt das Monster mit einem Ruck an. Ich wurde vorne gegen das Gitter geschleudert und einen Moment lag ich bewegungslos da, da merkte ich, wie mich plötzlich eine große Hand packte. Ich zappelte und trat um mich, doch es half nichts, der Griff der Hand wurde nur noch stärker. Ich hörte das Bellen eines Hundes und instinktiv stellte ich mich tot. Ich glaube, ich wäre von dem Griff der Hand erstickt, hätte mich vorher nicht eine zweite, kleinere Hand hochgenommen. Leider ließ auch dieser Zweibeiner mich nicht runter, sondern warf mich zu einem anderen Zweibeiner. Mir wurde schlecht und in meinem Kopf drehte sich alles. So ging das eine Zeit lang hin und her, ich wollte die Zweibeiner kratzen und beißen, doch dann war ich schon wieder in der Luft. Irgendwann fiel ich auf den Boden und rutschte unter einen Schrank. Dort blieb ich beweglos liegen. Die beiden Zweibeiner, die mit mir gespielt hatten, rannten weg und ich fühlte mich immer schlechter. Ich konnte fast nicht mehr atmen und alles tat mir weh. Ich glaube, in diesem Moment beschloss ich, wegzulaufen. Langsam kroch ich unter dem Schrank hervor und sah mich um. Es stank überall nach Hund und in einer Ecke des Raums stand ein großes Rundes Ding mit ekelhaft stinkendem Fleisch drin. Ich rümpfte die Nase und sag mich nach einer Fluchtmöglichkeit um. Leise streifte ich in dem Nest umher, bis ich einen leichten Luftzug spürte. Schnell ging ich in die Richtung, aus der er kam und schon bald stand ich unter einem halb geöffneten Fenster. Ich nahm Anlauf und sprang so hoch ich konnte, aber es reichte nicht. Mein ganzer Körper schmerzte, als ich auf das Fensterbrett traf und mich mit den Vorderpfoten daran fest hielt. Irgendwie habe ich es geschafft, mich hochzuhiefen und mich durch das Fenster zu zwängen. Schnell sprang ich in den Garten hinab und humpelte zu einem hohen Zaun. Mit letzter Kraft sprang ich auf den Zaun, auf der anderen Seite hinab, rannte die Straße ein Stück hinunter und schleppte mich unter einen dichten Busch. Dort rollte ich mich zusammen und schlief ein. Ich glaube, so einsam habe ich mich noch nie in meinem ganzen Leben gefühlt… Das Morgenlicht weckte mich. Ich wusste zuerst nicht, wo ich war und sah mich erstaunt nach meinen Eltern und Brüdern um, als ich mich erinnerte. Komisch, dort unter dem Busch hatte ich noch die Hoffnung, meine alten Zweibeiner, meine Eltern oder meine Brüder wieder zu finden. Ich humpelte weiter die Straße hinunter und sah mich dabei nach allen Seiten um. Bald kam ich an einen Fluss, auf dem ein komisches Ding schwamm, das so aussah, wie eine Nusschale… Ichwar sehr erschöpft und meine Schulter schmerzte, deshalb sprang ich auf dieses Ding und wartete, was passieren würde. Ich glaube, ich bin eingeschlafen, denn irgendwann sah ich mich um und sah überall nur noch Wasser, nur auf einer Seite war noch Land zu sehen. Ich kriegte Panik und sprang mit einem großen Satz von der Nussschale aufs Land. Dort torkelte ich eine Weile orientierungslos herum, bis ich auf einen Baum kletterte. Dort sitze ich auch jetzt noch, doch ich glaube, bald falle ich herunter, denn ich habe seit ein und einem halben Tag nichts mehr gegessen und mein ganzer Körper schmerzt immer noch. Ich hoffe, irgendjemand findet mich hier und ich muss noch nicht sterben. Ich hoffe auch, dass es meinen Brüdern und Mama und Papa gut geht, Wieso durfte ich nicht bei ihnen bleiben? Wieso wurden wir getrennt?
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